Bad
Homburg nach dem „grünen Wunder“
In der CDU sitzt der Schock über Sieg von Korwisi tief
Stadtoberhaupt von Bad
Homburg gratuliert Nachfolger: Ursula Jungherr und Michael Korwisi
beim Händedruck
11. Mai 2009 Die
Millionärs-Hochburg Bad Homburg mit dem Motto „Champagnerluft und Tradition“
hat bei der Oberbürgermeister-Wahl ihr „grünes Wunder“ erlebt. Den Vorsprung
von 20 Prozent gegenüber der Amtsinhaberin kann Wahlsieger Michael Korwisi auch einen Tag später kaum fassen. „An meinen Sieg
habe ich natürlich geglaubt. Aber dass er so deutlich wird?“, sagt der 57 Jahre
alte Politiker, der als unabhängiger Kandidat ins Rennen gegangen war und am
18. September als erster Oberbürgermeister in Hessen mit einem Parteibuch der
Grünen sein Amt antreten wird.
Bei der CDU in Bad
Homburg sitzt der Schock auch am Montag noch tief. Die unterlegene Ursula
Jungherr will sich nicht äußern. „Die Niederlage ist bitter“, sagt der
Parteichef Thorsten Bartsch. 61 Jahre lang hat seine Partei ohne Unterbrechung
das Stadtoberhaupt in der konservativ geprägten Kurstadt mit seinen 52.000
Einwohnern gestellt. Die stets distanziert wirkende Juristin Jungherr ist seit
2003 im Amt. Der Wahlkampf sei „hoch emotionalisiert“ gewesen und auf die
Persönlichkeiten der Kandidaten zugespitzt worden, sagt Bartsch. Dabei sei es
der CDU nicht gelungen, mit Sachthemen zu punkten. „Jetzt muss man abwarten, ob
sich die Versprechen von Herrn Korwisi in die
Realität umsetzen lassen. Da kann es schnell Unmut geben.“
20 Jahre lange für die Grünen im Stadtparlament
Der Grünen-Politiker,
der vom heimischen Wohnzimmer aus den Wahlkampf geführt hat, will im Rathaus
einiges ändern. Es soll mehr informiert und kommuniziert werden. „Einsame
Entscheidungen am Schreibtisch“ wie bei seiner Vorgängerin sollen der Vergangenheit
angehören. Korwisi hofft auch, dass er bei den oft
turbulenten Sitzungen der zerstrittenen Bad Homburger
Stadtverordnetenversammlung als unabhängiger Oberbürgermeister für Ruhe sorgen
kann. „Die Streitereien resultieren aus der mangelhaften Kommunikation seitens
der Oberbürgermeisterin. Das führte dazu, dass sich einige ausgegrenzt
fühlten“, sagt der gebürtige Bad Homburger, für den das Amt des
Oberbürgermeisters ein „Traumjob“ ist.
Bis 2001 saß er 20 Jahre
lang für die Grünen in der Stadtverordnetenversammlung. Er gehört zu den
Mitbegründern seiner Partei im Hochtaunuskreis und
war von 1985 bis 1991 deren Landesgeschäftsführer. Von 2001 bis 2006 vertrat er
die Grünen als hauptamtlicher Stadtrat. Auf die Frage, ob es ein drängendes
Problem in der Stadt gibt, antwortet er mit „Nein“. Im Gegensatz zu vielen
seiner künftigen Amtskollegen hat er den großen Vorteil, nicht sparen zu
müssen. Seiner Vorgängerin war angesichts der Rücklage von über 100 Millionen
Euro in der Stadtkasse sogar Knauserigkeit vorgeworfen worden.
Lob für Jungherrs Wirtschaften
Zum
Thema
„Frau Dr. Jungherr hat
sehr gut gewirtschaftet, das muss man ihr lassen“, meint Korwisi.
Unter seiner Regie soll ab dem 18. September kräftig investiert werden, vor
allem das Bau- und das Handwerkergewerbe sollen davon profitieren. „Es gibt
viele Baustellen in Bad Homburg, die es noch nicht sind.“ Viele Straßen und
Gehwege müssten saniert sowie weitere Kindertagesstätten gebaut werden.
Außerdem solle der Bau neuer Wohnungen unterstützt werden.
Text: FAZ.NET mit lhe
Bildmaterial: Michael Kretzer